Wann schlägt wieder die Stunde der Freiheit?

Zu Anfang der Corona-Pandemie stand die Menschheit vor einem Rätsel – das gab sogar die chinesische Regierung zu. Doch schnell waren sich Öko-Linke und die neuen Rechten einig, dass alle Maßnahmen zur Eindämmung des Virus überzogen seien. Doch neuneinhalb Milliarden Impfdosen und fünf Virusvarianten später, macht sich auch in anderen Kreisen der Gesellschaft die Skepsis breit, ob die zahlreichen Einschränkungen noch immer verhältnismäßig sind. So z.B. bei den Liberalen, die deswegen aber in keinster Weise mit ihren vermeintlichen Mitstreitern assoziiert werden wollen – völlig zu recht, wenn man sich die fundamental unterschiedlichen Argumentationsgrundlagen der Strömungen ansieht.

Die Stunde der Liberalen schlägt schon

Die FDP konnte einen Monat nach der Bundestagswahl mit Umfragewerten von bis zu 16% glänzen (FORSA, 26.10.2021). Noch nie stand die Partei in Umfragen derart gut da. Zwar erreichten die Liberalen diesen Wert bei der Bundestagswahl vier Wochen zuvor nicht, konnten ihr Ergebnis von 2017 aber noch einmal ausbauen, wurden bei den Erst- und Jungwählern sogar stärkste Kraft und verzeichneten insgesamt eines der besten Wahlergebnisse in der Parteigeschichte. 

Politikwissenschaftler sehen diesen Erfolg teilweise daraus resultierend, dass die FDP die damalige Regierung aus Christ- und Sozialdemokraten immer wieder für ihre rigorose Corona-Politik ermahnte. Doch die FDP war nicht die einzige Partei, die Bedenken an der Politik der Regierung artikulierte. Während sich die Grünen in der Rolle der Opposition auffällig unkritisch zeigten, gab es da noch die AfD, die allerdings ordentlich Verluste bei der Bundestagswahl einstecken musste. Da stellt sich die Frage, wieso die Liberalen auf der einen Seite von ihrer Oppositionsarbeit profitieren konnten, während die Rechten auf der anderen Seite eine Wahlniederlage einfuhren.

Liberale vs. Rechte

Experten sehen große qualitative Unterschiede zwischen dem einfachen Corona-Populismus der AfD und den wissenschaftlich fundierten Bedenken der FDP. Im Gegensatz zu relevanten Persönlichkeiten innerhalb der AfD zweifelten FDP-Politiker zu keiner Zeit die Gefahr, geschweige denn die Existenz der Pandemie an. Stattdessen gelingt es den Liberalen auf seriöse Art und Weise, Probleme zu beleuchten, die durch die Corona-Politik der Regierung verursacht wurden. Existenzbedrohung, psychische Folgen und andere Ängste der Deutschen werden in der Politik fast ausschließlich von den Freien Demokraten aufgegriffen. Als Partei der individuellen Freiheit steht die FDP zudem geradezu in der Pflicht, illiberale und wissenschaftlich fragwürdige Maßnahmen wie Ausgangssperren und Verweilverbote zu verurteilen, auch wenn sie dafür scharfe Kritik von allen Seiten erntet – das ist es den Liberalen offensichtlich wert.

Wissenschaft als Argumentationsgrundlage

Wissenschaftliche Erkenntnisse spielen bei den Freien Demokarten eine große Rolle. So findet selbst die in der Gesellschaft als höchst-kontrovers empfundene Impfpflicht in liberalen Kreisen Sympathisanten und Befürworter. Für Querdenker und Co. schlichtweg undenkbar. FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte Anfang Dezember vergangenen Jahres höchstpersönlich, dass er “zu einer allgemeinen Impfpflicht tendiere”. Damit ist der Vorsitzende nicht alleine. Vor allem unter den Jungen Liberalen (Julis) häufen sich die Forderungen nach einer allgemeinen Impfpflicht, die nicht die erste Impfpflicht wäre, die auf einem Bundeskongress der Julis beschlossen wurde. Vor wenigen Jahren sprach sich die FDP-Schwesterorganisation bereits für die Masernimpfpflicht aus. Durch eine allgemeine Impfpflicht, gerade gegen das Coronavirus, kann individuelle Freiheit auch zurückgewonnen werden.

Omikron: Der Männerschnupfen unter den Corona-Viren?

Aktuell rast die Infektions-Inzidenz wieder in die Höhe. Aber hatte die Regierung nicht noch zwei weitere Maßstäbe zur Risikobewertung eingeführt? Das hatte sie, nur werden diese leider großzügig ignoriert. Maßnahmen werden voreilig verschärft, plötzlich müssen sich – entgegen aller Versprechen – auch Geimpfte wieder einschränken. Als Grund für die wiederkehrenden Eingriffe nennt die Regierung die neue Virusvariante Omikron und verweist auf das erhöhte Ansteckungspotenzial. Doch wie relevant ist dieses Risiko, wenn wir doch längst wissen, dass Corona uns für immer begleiten wird. Wo wir doch mittlerweile schon fast die Hälfte der Bevölkerung zum dritten Mal geimpft haben. Experten verwiesen schon früh auf ein sehr geringes Risiko für schwere Verläufe und Krankenhausaufenthalte bei einer Infektion mit der neuen Variante und tatsächlich sinkt die Hospitalisierungsinzidenz stetig. Die Bettenbelegung auf den Intensivstationen ist stabil. Immer weniger Patienten müssen dort wegen einer Corona-Infektion behandelt werden.

Doch all diese Zahlen und Fakten scheinen sowohl für Politiker als auch für viele Bürger uninteressant, wenn man sich die hohen Beliebtheitswerte von SPD-Politiker und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ansieht, der für seinen strengen Kurs in der Pandemiebekämpfung bekannt ist.

An dieser Stelle sind nun erneut die Liberalen gefragt. Werden sie noch einmal den Mut aufbringen und sich vehement gegen Verschärfungen, stattdessen für Lockerungen einsetzen? Und wenn sie den Mut aufbringen, können sie in einer Koalition mit SPD und Grünen etwas bewirken? Ich freue mich auf die Diskussion in den Kommentaren.

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