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Annegret Kramp Karrenbauer neue CDU-Parteivorsitzende

Die CDU hat gestern Annegret Kramp-Karrenbauer zu ihrer neuen Parteivorsitzenden gewählt. Mit einer knappen Mehrheit von 35 Stimmen setzte sie sich in der Stichwahl gegen Friedrich Merz durch; Jens Spahn hatte die Stichwahl zuvor verpasst. Kramp-Karrenbauer steht inhaltlich näher an Angela Merkel als ihre beiden Mitbewerber. Bevor sie Anfang des Jahres als Generalsekretärin der Partei in die Bundespolitik wechselte, war sie Ministerpräsidentin des Saarlandes; hat dort Regierungserfahrung gesammelt. Für die CDU war dieser Parteitag ein absolutes Novum: noch nie hatte es eine so kompetitive Wahl eines Nachfolgers an der Parteispitze gegeben, erst recht nicht mit einem im Vorfeld so ungewissen Ausgang. Besonders die Kandidatur von Friedrich Merz hatte zuvor für Furore gesorgt: der Mann, der von Angela Merkel selbst aus der Bundespolitik verdrängt worden war, kehrte nun aus der Wirtschaft zurück in die Politik und machte Merkels Wunschkandidatin den wichtigsten Posten der Partei streitig. Die heutige Wahl war nicht nur ein Wettkampf zwischen den Kandidaten, sondern auch den verschiedenen Strömungen der Partei sowie den verschiedenen Netzwerken der Bewerber.

Wahl war auch Wettstreit der persönlichen Netzwerke

Merz‘ Name fiel immer wieder im Zusammenhang mit dem Andenpakt, einer informellen Interessengemeinschaft innerhalb der CDU, die dem „Spiegel“zufolge 1979 von damaligen Mitgliedern der Jungen Union gegründet wurde. Mitglieder seien unter anderem Roland Koch, Christian Wulff,Günther Oettinger, Volker Bouffier und zahlreiche weitere. Diese Gruppe hat sich im Laufe der Jahre zu einer mächtigen Seilschaft entwickelt, die lange Einfluss auf die Vergabe von Spitzenpositionen ausübte. An den bereits genannten Namen lässt sich jedoch auch erkennen, dass einige der Mitglieder politisch ihren Zenit bereits überschritten haben; ein wichtiger Teil von Merz‘ politischem Netzwerk dürfte also, auch durch seine lange Abwesenheit in der Bundespolitik, in die Jahre gekommen sein. Sein wohl wichtigster Gönner und Förderer in der Merkel-CDU ist wohl Schäuble; auch er musste damals Merkel weichen. Im Gegensatz zu Merz hat er sich nie aus der Politik zurückgezogen, blieb seiner Partei auch unter Merkel loyal, auch wenn er mit ihr durchaus schwerwiegende inhaltliche Differenzen hatte und hat. Schäuble hatte Merz bereits früh geraten, zurückzukehren und sich gegebenenfalls auf den Parteivorsitz zu bewerben, spätestens nach der Landtagswahl in Hessen solle er sich im klaren sein.Schäuble hatte wohl die Chance gewittert, nach Informationen des„Spiegel“ stellte er Merz führenden europäischen Christdemokraten vor, unter anderem Joseph Daul. Dieser soll allerdings Merkel darüber informiert haben; eine Sprecherin der EVP dementiert dies jedoch. Schäuble hatte auch Jens Spahn damals als Staatssekretär in die Politik auf Bundesebene geholt und ihn zudem über die Jahre hinweg gefördert, einige Medien sprachen bereits von Spahn als seinem „Zögling“. Dass beide Günstlinge Schäubles ihren Hut in den Ring warfen, dürfte er wohl kaum so geplant haben. Da er im Vorfeld der Wahl vor allem Merz mit Kontakten versorgt zu haben scheint und sich eng mit ihm austauschte, war dieser wohl seine erste Wahl für den Parteivorsitz; möglicherweise hielt er Spahn für noch nicht bereit. Annegret Kramp-Karrenbauer gilt einigen als Merkels auserwählte Nachfolgerin, sie hatte sie aus dem Saarland nach Berlin geholt und seitdem gefördert. Kramp-Karrenbauer ist daher in der momentanen Spitze der CDU gut vernetzt. Fluch und Segen zugleich: einerseits erleichterte ihr diese Tatsache, prominente Unterstützer innerhalb der Partei für ihren Kurs zu finden,andererseits wird es das für sie schwierig machen, die Partei glaubwürdig zu erneuern, ohne ihre eigene Machtbasis zu riskieren.Sie wird nun eigene Akzente setzen müssen, auch personell und das möglichst, ohne ihr eigenes Umfeld zu gefährden. Da mit ihrer Wahl das Amt des Generalsekretärs frei wird, könnte die Neubesetzung direkt zu einem ersten Wegweiser werden. Sie hat heute Paul Ziemiak vorgeschlagen, welcher anschließend mit 62,5% ins Amt gewählt wurde. Ziemiak war zuvor Vorsitzender der Jungen Union gewesen.Gestern wurde noch Carsten Linnemann als ein möglicher Kandidat gehandelt; er hätte Kramp-Karrenbauers Führung in puncto Wirtschaftskompetenz stärken können; ihr wurden im Vergleich zu Merz häufiger Defizite in diesem Bereich unterstellt.

Wie geht es weiter mit der CDU?

Das Fortbestehen des politischen Erbes Merkels innerhalb der CDU ist jedoch mit der Wahl Kramp-Karrenbauers zur Vorsitzenden keineswegs gesichert. Mehr denn je hat dieser Parteitag, unter anderem durch ihre knappe Mehrheit, offenbart,welche gewaltige Spaltung momentan durch die Partei geht; außerdem wäre da noch die brüchige Koalition mit der SPD. Ihr muss also der Drahtseilakt gelingen, die inhaltlichen Gräben ihrer Partei zuzuschütten, ohne sich dabei zu weit von der SPD zu entfernen,welche ihrerseits versucht, sich von der Union zu distanzieren, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Landtagswahlen in Thüringen stehen im Mai an, bis dahin muss es der CDU-Führung gelingen, sich auch unter Einbezug der innerparteilichen Rivalen wieder aufzurichten und Antworten auf die zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Probleme Deutschlands zu geben. Langfristig stellt sich auch die Frage der Nachfolge Merkels als Kanzlerin: sollte sich hier einer ihrer Rivalen Kramp-Karrenbauer erneut in den Weg stellen, könnte es deutlich ungemütlicher werden. Das Ergebnis der gestrigen Wahl lässt sich also als Etappensieg interpretieren; es liegt nun in den Händen Annegret Kramp-Karrenbauers, diese fragile Situation zumindest zeitweise zu stabilisieren und ihre Partei auf Kurs zu halten. Welche tatsächlichen Neuerungen ihrer Wahl folgen, bleibt abzuwarten.

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